Archiv, IHM

JVH hob Handwerker aufs Podest
Von Jens Christopher Ulrich

Im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse 2013 hat die JVH zusammen mit der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München die Aussteller der Sonderschau "Land des Handwerks" und andere Handwerker vorgestellt. Sie wurden außerhalb des regulären BR-Programms auf der Bühne des Bayerischen Rundfunks in Halle B3 von wechselnden Nachwuchskräften der DJS befragt.

Werner Klotter, Klotter Elektrotechnik, Handwerker des Jahres 2013, lesen
Wilhelm Költgen, Költgen GmbH, Krefeld, Mechaniker für Behindertenfahrzeuge, lesen
Sascha Kröner, Rollstuhlbau, Kleinserien nach Maß, lesen
Andreas Nuslan aus Regensburg, Hutmacher, Manufaktur „Hutkönig, lesen
Markus Rehm,Orthopädietechnik, Goldmedaille im Weitsprung Paralympics London 2012, lesen
Jörg Schaaf von der Schaaf Bootsmanufaktur, macht Boote aus Aluminium, lesen
Wulfram Schmucker, Avantgarde Technologie Gilching, Kohlefasertechnik, lesen
Steffen Würtz, Sattlerei, Pferdesättel und Kuhshopper, lesen

Zurük zur Übersicht


Aufs Podest

Pferdesättel und Kuhshopper - Steffen Würtz, Brackenheim
Das Interview führten Claudia Beckschebe und Martina Kix

Wie sind Sie zur ihrem Handwerk gekommen?
Die Arbeit mit Leder hat mir schon als Kind große Freude bereitet. Meine ersten selbstgemachten Lederstücke waren Mokassins, Messertaschen, Gürtel und Indianer-Tipis. Diese Leidenschaft hat sich als Teenager verstärkt. Ich wollte unbedingt einen Beruf erlernen, in dem ich mit diesem Material arbeiten kann.

Wie hat sich der Schwerpunkt Reitsportsattlerei entwickelt?
Ich liebe Pferde. Ich bin mit ihnen aufgewachsen. Daher gab es für mich gar keine Diskussion, Feintäschner oder Fahrzeugsattler zu werden. Mittlerweile habe ich mein Angebot erweitert. Motorradfahrer sind eine wichtige Kundengruppe, vor allem Fahrer von Harley-Davidson-Maschinen. Die legen großen Wert auf individuellen Look. Sie bestellen aufwendig gefertigte Sitze, Packtaschen für das Motorrad und Ledergürtel.

Was gefällt Ihnen besonders?
Es ist eine meditative Arbeit. Wenn ich lange mit einer Handnaht beschäftigt bin, habe ich Zeit, meine Gedanken schweifen zu lassen. Das finde ich wunderbar. Ich stelle gerne besondere Stücke her, an denen die Kunden sich auch Jahrzehnte später noch erfreuen.

Zwischen 2.500 und 3.000 Euro muss man für einen individuell gefertigten Sattel investieren – das ist eine kostspielige Anschaffung.
Der Arbeitsaufwand für so ein Teil liegt bei mindestens 40 Stunden. Das Material ist hochwertig. Jeder Griff ist Handarbeit. Besonders aufwendig ist es Verzierungen wie Namen oder Bilder ins Leder zu arbeiten. Einen Sattel wechselt man nicht alle paar Jahre.

Machen Sattel den größten Teil ihres Umsatzes aus?
Den meisten Umsatz mache ich mit Dienstleistungen wie Sattelreparaturen, -änderungen und -anpassungen. Eines meiner am stärksten nachgefragten Produkte ist derzeit der „Kuh-Shopper“, eine große Einkaufstasche mit Kuh-Fell. Das Futter kann man herausnehmen und waschen. Jede Tasche hat ein einzigartiges Muster, denn jedes Fell sieht anders aus.

Sie führen ihren Betrieb zurzeit alleine. Möchten Sie sich vergrößern?
Ich würde gern wieder einen Lehrling nehmen. Ich will, dass der Sattlerberuf nicht ausstirbt. Aber ich möchte keinen Großbetrieb mit vielen Angestellten führen und nur noch administrativ und organisatorisch arbeiten. Ich möchte stets in meiner Werkstadt kreativ sein und schöne Lederprodukte anfertigen.

Was braucht ein Bewerber, um bei Ihnen Azubi zu werden?
Handwerkliches Geschick und Kreativität sind Voraussetzung. Vor allem aber eine große Portion Idealismus und viel Liebe zum Beruf. Denn klar ist: Gerade zu Beginn verdient man nicht viel Geld. Da muss man mit Herzblut durchhalten, sonst wird man nicht glücklich. Wer sich bewerben möchte, kommt am besten persönlich in der Werkstadt vorbei und stellt sich vor. Dann kann man gleich mal ein paar Stunden mit anpacken und seine Fähigkeiten unter Beweis stellen.