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Geheimakte Regierungsbunker – die Zweite

 

Neuauflage des Buches, das zusammen mit der Dokumentationsstätte Regierungsbunker Zeitgeschichte schreibt

Nach einem Jahr als Dokumentationsstätte hat der Regierungsbunker alle Erwartungen übertroffen und wurde von internationalen Besuchern überrannt. In diesen Tagen wurde der ehemalige Atombunker zum Europäischen Kulturgut ernannt. Und auch das Buch „Geheimakte Regierungsbunker“, vor einem Jahr erschienen, war schneller  vergriffen als gedacht.

Der Regierungsbunker schreibt Geschichte – noch immer. Eine neue, nicht erwartete, aber durchaus erfolgreiche. Sie steht auch für das starke Interesse der Menschen an einer Zeit, die einige Staatsgeheimnisse hervorbrachte, die nur sehr zäh ihre Story erzählen wollen.

Unterirdische Stollen in der Eifel

Vor einem halben Jahrhundert begann jenes mysteriöse Kapitel deutscher Notstandsplanung, das die Regierung in einem unterirdischen Stollensystem in der Eifel, 30 Kilometer von Bonn entfernt, vereinen sollte. Geschützt und von der Außenwelt hermetisch abgeriegelt, hätten in dem mehr als 17 Kilometer langen Bunkersystem 3.000 ausgesuchte Mitarbeiter verschiedener Ministerien, Bundesratsmitglieder, einige Abgeordnete des Bundestages, das Kabinett um Bundeskanzler Adenauer überleben und weiterarbeiten sollen. Eigentlich ein Unding: Während vor der Tür die Bevölkerung den Atomtod stirbt, hat sich die Regierung als Staatsgeheimnis erster Klasse in ihrem Bunker ein Stück Normalität bewahrt. Aber was für eine Normalität ...

2.000 Zimmer, 25.000 Türen, Krankenhäuser, Kinosäle, nach Konfessionen getrennte Gottesdienste für Katholiken und Protestanten, eine eigene Poststation, Feuerwehr, Tiefbrunnen und Wasserwerke, ein extra für diesen Bunker entwickelter Fuhrpark mit Elektrokarren – all das hat es gegeben. Wie auch die alle zwei Jahre stattfindenden Übungen, bei denen Militärs und Zivilisten Hand in Hand den Supergau probten – den 3. Weltkrieg.

1989 war damit mit der politischen Wende Schluss. Doch das sonderbare Staatsgeheimnis überlebte. Für 4,72 Mrd. DM erstellt, jährlich 22 Mio. DM Unterhalt fressend, war diese Erfindung des Kalten Krieges auf dem falschen Fuß erwischt worden und schlicht zu teuer, um sie einfach aufzulösen. Als Denkmal der 60er Jahre – im wahrsten Sinne – stand der Bunker für die Zeit der totalen Abschreckung. Und nun?

Rest als Museum

1997 schickte die Regierung ihren Bunker in Rente, er wurde von 2001 bis 2006 weitestgehend abgerissen. Ein kleiner Rest sollte als Museum erhalten bleiben – ohne dass zunächst ein Träger gefunden wurde. Es schien, als ob sich dieses Stück Zeitgeschichte aus Beton, Stahl und viel Technik so verabschieden sollte, wie es einst in die Unterwelt kam: geheim, unheimlich – ein Sinnbild für das absolute Ende.

Parallel zum Abriss des Bunkers entstand das Buch „Geheimakte Regierungsbunker – Tagebuch eines Staatsgeheimnisses“ in einer Zeit des Umbruchs dieses Ausnahmebauwerkes. Autor Jörg Diester hatte das ungewöhnliche Privileg, den Bunker betreten und zeitgleich im Bundesarchiv seine Geschichte auswerten zu dürfen. Denn exklusiv wurde der Zugang zu bis dahin gesperrten Akten des Bundes gewährt, konnten über die neuen Informationen Zeitzeugen gesucht und befragt werden. Es entstand ein komplexes Werk, das erstmals Licht in dieses dunkle Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte brachte: Das federführende Bundesinnenministerium mit seinem ehemaligen Wehrmachtsgeneral, der plante und berechnete. Die Bundestagsabgeordneten und Teilnehmer einer Kriegsübung, so Annemarie Renger (später Bundestagspräsidentin), Wolfram Dorn (später Staatssekretär im Innenministerium) oder Ernst Benda (später Bundesinnenminister). Der Architekt und die Mitglieder der Bauleitung. Die Mitarbeiter des Regierungsbunkers. Die DDR-Spionage. Sie alle halfen mit bei der Aufarbeitung der 60er, 70er und 80er Jahre.

Eine unglaubliche, oft kaum fassbare Zeitreise, die für die Ängste der damaligen Bonner Elite genauso steht wie für die Möglichkeiten der Politik, an allen Kontroll-Instanzen vorbei ein solch gigantisches Staatsgeheimnis umzusetzen. Das Buch „Geheimakte Regierungsbunker“ mit einem Prolog des Erfolgsautors Jacques Berndorf (der als Journalist Michael Preute vor 25 Jahren den geheimen Regierungsbunker erstmals ans Licht der Öffentlichkeit holt) fasst es zusammen und ist, so Berndorf, „ein Stück gelebter Demokratie und Sinnbild gewonnener Freiheiten – und 200 Meter dieses Betongiganten sind heute eines der merkwürdigsten Museen dieses Planeten“.

Museum und Buch

Damit in diesem Museum, der „Dokumentationsstätte Regierungsbunker“, die Geschichte des Kalten Krieges und die wichtige Rolle des Bunkers dem Publikum vermittelt werden kann, haben sich die Gästeführer über ein Jahr auf die damals neue Herausforderung vorbereitet. Die Quelle: ebenfalls die „Geheimakte Regierungsbunker“. Das Museum, das Buch sind beim Publikum angekommen.

Die nun erscheinende 2. Auflage bietet einige Neuerungen und Ergänzungen. So bringt sich Ernst Benda, 1968 im Jahr der Notstandsgesetze Bundesinnenminister, mit seinen Erinnerungen an jene Jahre und den Bunker ein. Tiefe Einblicke in den Alltag des Staatsgeheimnisses bietet ein weiterer Beitrag über Dienststellenleiter Gerhard Kroll. Außerdem – ebenfalls erstmalig und exklusiv – sind Baupläne von projektierten, dann wieder verworfenen Bunkerbauten im Buch zu sehen. Die Gesamtübersicht ist ausklappbar und bietet so bei Beschreibungen von Bauwerken schneller und einfacher einen Überblick. Neu und wahre Hingucker sind großformatige Fotografien vom Bunkersystem im heutigen, nicht mehr öffentlichen Dasein. So ist Berndorfs letztem Satz aus der Einleitung auch nichts hinzuzufügen: „Machen Sie sich ein paar aufregende Stunden – lesen Sie Diester!“

Das Buch „Geheimakte Regierungsbunker – Tagebuch eines Staatsgeheimnisses“, erschienen in der Verlagsanstalt Handwerk (ISBN 978-3-86950-003-4), kann direkt bestellt werden unter www.geheimakte-regierungsbunker.de.