Archiv, IHM
Forum der Junioren auf Handwerksmesse
Weltmeister auf schwachen Füßen
Hohe Arbeitslosigkeit trotz beeindruckender Absatzzahlen
Podiumsdiskussion „Auch Weltmeister brauchen Arbeit“ auf der Internationalen Handwerksmesse
(jvh/njb/djs München) Ob Deutschland Fußballweltmeister wird, weiß Hans Stumpf nicht. Dass Deutschland 2005 zum dritten Mal in Folge Exportweltmeister wurde, ist indes sicher. Stachel im Fleisch bleiben jedoch die fünf Millionen registrierten Arbeitslosen. Vertreter aus Politik und Gesellschaft trafen sich daher beim Forum der Junioren des Handwerks auf der Internationalen Handwerksmesse in München zur Diskussion.
Neben Hans Stumpf, dem Bundesvorsitzenden der Junioren des Handwerks, diskutierten der Bundestagsabgeordnete Jörg Rhode (FDP) sowie Wolfgang Schürger, Vertreter der Evangelischen Landeskirche in Bayern, und Sven Schütt, Zentralbereichsleiter der Bundesagentur für Arbeit (BA). Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Roman Leuthner, Chefredakteur der Deutschen Handwerkszeitung.
Über den Handlungsbedarf war man sich weitgehend einig – das „wie“ war strittiger. Angesichts der 82 verschiedenen Arbeitsmarktinstrumente, welche die BA einsetzt, vermisste Hans Stumpf, der Bundesvorsitzende der Junioren des Handwerks, eine Gesamtstrategie. Schütt nannte drei Maßnahmen zur Schaffung von Arbeitsplätzen: Senkung der Lohnnebenkosten, Investitionen in Bildung und Bürokratieabbau. Zur Lösung des „Gordischen Knoten“ der Arbeitslosigkeit schlug er vor, auch eine Möglichkeit zu Teilqualifikation anzubieten. Viele der Arbeitlosen hätten keinen Abschluss und seien daher auch nicht vermittelbar. Ein „kleiner Gesellenbrief“ könne Abhilfe schaffen. Alle Diskussionsteilnehmer standen den staatlich subventionierten Arbeitsverhältnissen, dem so genannten Zweiten Arbeitsmarkt, kritisch gegenüber: „Ich-AG und Überbrückungsgeld werden von der Agentur für Arbeit, also mit dem Geld von Arbeitgebern und Arbeitnehmern finanziert. Und dann sind sie die Konkurrenz der konventionellen Betriebe“, so Hans Stumpf.
Auch die Einführung eines Mindestlohns würde eine Integration der Arbeitssuchenden im ersten Arbeitsmarkt erschweren, sagte Rhode: „Alles, was unter diesen Mindestlohn fällt, wandert in die Schwarzarbeit ab.“
Die Kirche sah Wolfgang Schürger in der Rolle des Anwalts, der den Finger in manche Wunden legt. „Unser Augenmerk liegt auf denen, die auf der Strecke zu bleiben drohen.“ Er gab zu bedenken, dass die Hartz-Reformen die Situation für viele Arbeitslose drastisch verschlechtert hätten. Für Jörg Rhode, im Bundestag mit Arbeits- und Sozialpolitik befasst, war jedoch das Lohnabstandsgebot Leitlinie: „Wer arbeitet, muss mehr Geld nach Hause bringen als jemand, der nicht arbeitet.“ Die Große Koalition mache allerdings nicht den Eindruck, als wolle sie dringende Probleme wirklich angreifen: „Die gehen eher mit der Nagelfeile an den Gordischen Knoten als mit dem Schwert“. Er forderte weit reichende Steuererleichterungen, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Für Sven Schütt sind besonders die westdeutschen Standorte auch international konkurrenzfähig. Doch vielleicht kann Deutschland bald auch national wieder die Meisterschaft gewinnen? Entscheidend für den Aufschwung seien nicht nur schwarze Zahlen, sondern auch die Stimmung. „Das gesellschaftliche Klima muss für Leben und Arbeit positiv sein“, so Kirchenvertreter Schürger. „Man muss Deutschland eine Chance geben“ schloss Jörg Rhode ab. „Wir sind besser als viele denken.“