Archiv, IHM
„Schädliches zurückschneiden, Gutes wachsen lassen“
jvh-Redaktionsgespräch mit Staatssekretär Schauerte und Handwerkspräsident Traublinger
(jvh/njb/djs München) Neue Impulse und neue Kooperationen erwartet Hartmut Schauerte (CDU), Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, von der Internationalen Handwerksmesse in München. Zusammen mit Heinrich Traublinger, Präsident der Handwerkskammer München und Oberbayern, besuchte er den Messestand der Journalisten-Vereinigung der Handwerkspresse (jvh) und sprach über die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer, die Lockerung der Handwerksordnung – und natürlich über die Messe.
„Wir sind gut im Messewesen, und das soll auch so bleiben“, sagte Schauerte. „Mit Insellösungen kommt heute kein Unternehmen weiter, wir brauchen Vernetzungen, besonders im Bereich des Handwerks“, meinte der Wirtschaftsstaatssekretär. Eine Messe sei eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen.
In Schule und Universität werde nicht für die Praxis ausgebildet, beklagte Schauerte. „Das Verständnis für Wirtschaft und die Freude daran sind aber absolute Notwendigkeiten“. Der parlamentarische Staatssekretär forderte daher die Einrichtung von Existenzgründerlehrstühlen. Um schon Jugendliche zu unternehmerischem Denken zu animieren, müssten Schule und Wirtschaft besser vernetzt werden. Lehrer sollten einmal jährlich Unternehmen und Handwerksbetriebe ihrer Region besuchen und sich dort – allerdings in ihrer Freizeit, fügte Traublinger an – informieren. So könnten Schüler besser auf das Berufsleben vorbereitet werden.
Angesprochen auf die Lockerung der Handwerksordnung holte Traublinger zu einer Abrechnung mit der Gesetzesnovelle aus: Da der Meistervorbehalt in 53 Berufen abgeschafft wurde, gebe es wesentlich mehr Scheinselbständige beispielsweise bei den Fliesenlegern und Gebäudereinigern. Mit niedrigen Qualitätsstandards schädigten diese bewährte Meisterbetriebe und vernichteten dort zahlreiche Arbeits- und Ausbildungsplätze.
Hartmut Schauerte räumte ein, dass die Novellierung der Handwerksordnung einer gründlichen Überprüfung bedürfe, warnte jedoch vor einem Schnellschuss: „Rein in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln“ werde es für ihn nicht geben. Nach einer Evaluierung gelte der Grundsatz: „Wir müssen Schädliches zurückschneiden und Gutes wachsen lassen.“
Neben dem Wegfall des Meistervorbehaltes ist auch die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer dem Handwerk ein Dorn im Auge. Heinrich Traublinger wandte sich entschieden gegen die Erhöhung, da diese zu Schwarzarbeit führe. Schauerte konnte Traublinger diesbezüglich keine Hoffnung machen: Er ging von einer Erhöhung auf 19 Prozent aus, da die Mehreinnahmen dringend zur Haushaltskonsolidierung benötigt würden. Sollte dann noch Geld übrig sein, könnte dies in den Wirtschaftsbereich des Handwerks investiert werden. Einen reduzierten Mehrwertsteuersatz für arbeitsintensive Handwerks-Dienstleistungen werde es nicht geben, da sich Bundesfinanzminister Steinbrück klar dagegen ausgesprochen hatte. „Da können wir nichts mehr für Ausnahmeregelungen tun. Diese Schlacht ist verloren“, so Schauerte.