Archiv, IHM
JVH hob Handwerker aufs Podest
Das erfolgreiche Format des Jahres 2013 wurde auf der IHM 2017 bereits im vierten Jahr fortgesetzt. Gemeinsam mit der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München stellte die JVH Aussteller der Sonderschau "Land des Handwerks" vor. Sie wurden auf der Bühne der Themenfläche „Fokus. Made in Germany“ in Halle C2 von wechselnden Interviewpartnern befragt.
Nils Bergauer, Handschuhmacher aus Schneeberg, "Meine Handschuhe sitzen wie eine zweite Haut“, lesen |
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Vom Einzelkämpfer zum Global Player Herr Riebl, nennen Sie uns doch mal ein paar Produkte, die jeder kennt, in denen Ihre Technik steckt. Hannes Riebl: Siebdruck ist das unbekannteste Druckverfahren und doch hat jeder täglich damit zu tun. Viele werden sich zum Beispiel an die Cola-Flaschen erinnern, die früher direkt mit weißer Schrift bedruckt waren. Oder Porzellantassen, Porzellanglas, das ist alles Siebdruck-Technologie. Es gibt Spezialisten, die nur Glas bedrucken. Wir machen technischen Siebdruck, das heißt: Alles, was an einem Gerät zu bedienen ist. Funktionale Folien, Tastaturfolien, aber auch Typen- und Geräteschilder. Wir sind branchenübergreifend vom ganz rauen Einsatz bis zu ganz feinen Bedieneinheiten tätig. Im Prinzip kann man sagen: Maschinen und Gerätebau ist unser Metier. Bedienfolien für Bagger, Industriebacköfen, bis zu Bedienfolien für Dentalgeräte. Was unterscheidet eigentlich den Siebdruck von anderen Drucktechniken? Der Siebdruck ist ein Schablonenverfahren, ein Durchdruckverfahren. Durch ein feines Gewebe wird Farbe auf einen Untergrund übertragen. Man spricht auch von einer Beschichtungs-Technologie, da sehr dicke Farbaufträge gedruckt werden können. Im technischen Anwendungsbereich ist dies eine zukunftsträchtige Technologie. Die Mehrzahl der Betriebe in der Druckbranche sind Offsetdruckereien. Diese Technologie bedruckt vorwiegend Papier, wie Prospekte, Zeitungen und so weiter. Der Anteil der Siebdrucker in der Branche bewegt sich im Bereich von ein bis zwei Prozent. Daher ist diese Drucktechnik wenig bekannt. In Deutschland finden wir vielleicht noch 200 bis 300 Spezialisten. Warum nur so wenige? Der Siebdruck war früher noch ganz viel im werbetechnischen Bereich tätig, das heißt Werbeplakate, große Autobeschriftungen und so weiter. Heute druckt man im Digitaldruck auf Klebefolien und beschriftet oder fertigt Plakate im Großformat. Dieser Teil ist für den Siebdruck weggebrochen. Deshalb orientiert sich das Siebdruckverfahren verstärkt in den technischen Anwendungen. Sie haben aber gerade gesagt, der Siebdruck hat Zukunft. Wo liegt die Zukunft? Genau da, im technischen Siebdruck. Man kann leitende Pasten und Kleber verdrucken, verschiedene Schichten aufbringen, und das ist nur im Siebdruckverfahren möglich. 25 Prozent Ihres Umsatzes kommen aus dem Ausland. Woher genau? Von Japan bis Amerika, wir liefern in über 20 Länder. 25 Prozent ins Ausland heißt: Das wird direkt dorthin geliefert. Aber auch von den Produkten, die wir in Deutschland verkaufen, werden rund 70 Prozent wieder durch die Kunden exportiert. Ihr Unternehmen hat viele Umweltauszeichnungen bekommen. Wie ist das gekommen? Florian Harrer: Es ist grundsätzlich ein Anliegen unseres Unternehmens und Teil unserer Philosophie, dass wir einem hohen Umweltstandard gerecht werden. Mein Schwiegervater hat das Umweltmanagement bereits 1999 eingeführt, damals als ein Vorreiter, vor allem im Bereich Siebdruck, der viel mit Chemikalien zu tun hat. Wir haben aus unserem Unternehmen sämtliche bedenklichen Substanzen verbannt und wissen ganz genau, welche Farben welche Stoffe beinhalten. Und wir lassen es einfach von Haus aus nicht zu, dass bedenkliche Stoffe bei uns eingesetzt werden. Weil Sie gerade von der Unternehmensphilosophie sprechen: Wie einfach ist es, Mitarbeiter zu finden? Es ist sehr, sehr schwierig, Nachwuchskräfte und gutes Personal zu finden. Das liegt auch daran, dass es im Siebdruck so viele Spezialisierungsgrade gibt. Die einen haben sich vielleicht auf den keramischen Siebdruck spezialisiert, andere auf Folienmaterialien. Selbst wenn wir einen ausgelernten Siebdrucker bei uns einstellen, muss er sich bei uns nochmal weiterqualifizieren. Seit der Gründung ist Ihr Betrieb dennoch stark gewachsen. Sie haben heute 30 Mitarbeiter, angefangen haben Sie ganz alleine. Hannes Riebl: Vor genau 40 Jahren, damals war ich 24. Das waren ganz andere Zeiten vor dem digitalen Druck, vor dem Computerzeitalter. Wir haben alles bedruckt, was ging, vom Kugelschreiber über Aufkleber für die Autos von Handwerksbetrieben bis zu Metallplatten. Ich habe mich erst mal als Einzelkämpfer durchgeschlagen, war Drucker, Verkäufer, alles in einer Person. Meine Frau sorgte für den Lebensunterhalt und stieg erst nach zwei Jahren in den Betrieb mit ein. Inzwischen haben Sie Ihren Nachfolger gefunden, Ihren Schwiegersohn. Florian Harrer: Ich bin seit fünf Jahren dabei. Gelernt habe ich Maschinenbauer, in einem großen Konzern. Ich hatte als 21-Jähriger schon 30 Leute unter mir. Ich muss ehrlich sagen: Es ist mir nicht leicht gefallen, in den Betrieb meines Schwiegervaters zu wechseln. Wir haben lange darüber gesprochen, auch mit externer Unterstützung. Aber Riebl-Siebdruck hat so eine gute Zukunft vor sich, da haben meine Frau und ich gesagt: Den Schritt machen wir. Was heißt externe Unterstützung? Wir haben uns einen Mediator geholt, haben Bedenken, Ängste, Wünsche aufgeschrieben und durchdiskutiert. Das war sehr gut. Mit der Unterstützung eines Mediators werden Dinge anders angesprochen als abends bei einem Bier. Das ist schon eine Weile her, inzwischen haben Sie konkrete Pläne. Hannes Riebl: Wir haben einen festen Übergabeplan ausgearbeitet. Ich arbeite noch zwei bis drei Jahre, wir sind beide Geschäftsführer und dann übergebe ich den Betrieb. Wenn ich dann noch gebraucht werde, ist das natürlich schön. Aber sonst halte ich mich schon raus. Und Sie, Herr Harrer, haben Sie schon ganz konkrete Pläne, was sich ändern soll, wenn Sie dann übernommen haben? Florian Harrer: Es gibt nichts, was ich sofort ändern würde. Wir sprechen uns ja jetzt schon sehr genau ab, wie die Zukunft gemeinsam aussehen soll. Wir marschieren in die gleiche Richtung. Natürlich diskutieren wir: expandieren - ja oder nein. Ein Hersteller hat uns gefragt, ob wir eine Fertigung in China aufmachen wollen. Hier sind wir uns einig, dass dieser Gedanke nicht zu unserer Firmenphilosophie passt. Wir orientieren uns am Puls der Zeit, mit innovativen Kundenlösungen – das ist unsere Strategie.
Die Fragen stellten Anna-Sophia Lang und Vinzent Leitgeb |