Archiv, IHM

JVH hob Handwerker aufs Podest

Das erfolgreiche Format des Jahres 2013 auf der IHM wurde auch 2014 weiter fortgesetzt. Gemeinsam mit der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München stellte die JVH Aussteller der Sonderschau "Land des Handwerks" vor. Sie wurden am Stand der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Handwerkskammern von wechselnden Interviewpartnern befragt.

Klaus-Peter Adam, Tischlermeister, Bad Segeberg, "Kein Künstler, sondern ein Gestalter", lesen
Ulf Cordes, Zimmerer, Cordes Holzbau, Rotenburg, "Qualitäten des Holzes", lesen
Claus Eckert, Schreinermeister, Erbach, "Kooperation mit der Uni", lesen
Rüdiger Grundt, Dipl.-Ing., Wettenberg, "Putzleistung von Handzahnbürsten", lesen
Thomas Kipping, Orthopädietechnikermeister, Stockum-Püschen, Westerwald, "Je höher die Anforderungen...", lesen
Florian Koppitz, Schuhmacher, Grafing, "Unikat am Fuß", lesen
Andreas Langkowski, Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister, Bernau bei Berlin, "Brandenburgisch-preußisch-trocken", lesen
Christoph Neumeyer, Vergoldermeister, Neustadt/ Donau, "Hang zum Handwerk", lesen
Detlef Saage, Schlossermeister, Nettetal-Leuth, "20 Minuten in der Kugel", lesen
Janosch Vecernjes, Schneidwerkzeugmechaniker, Hohenstein, "
Stahlsuche in Ungarn und Serbien", lesen


IHM, Peter Kreiselmeyer „Früher war Zinn das Silber des kleinen Mannes“
Interview mit Peter Kreiselmeyer, Zinngießermeister, von der Zinnmanufaktur Kreiselmeyer in Georgensgmünd

Das Interview führten Mirjam Wlodawer und Timo Steppat

Eine Tasse aus Zinn und eine Tasse aus Stahl – poliert sehen sich beide ziemlich ähnlich. Worin besteht der Unterschied?
Peter Kreiselmeyer: Zunächst mal ist das Produktionsverfahren ein anderes. Die Stahltasse wird geschmiedet oder heutzutage in der Regel industriell gefertigt. Die Tasse aus Zinn wird dagegen gegossen. Zinn ist aber auch ein ganz anderer Rohstoff, es handelt sich um ein Edelmetall. Früher war Zinn das Silber des kleinen Mannes.

Was bestellen Ihre Kunden bei Ihnen?
Die Kunden bestellen sehr unterschiedliche Gegenstände bei uns. Dazu gehören zum Beispiel dekorative Reliefteller aus Zinn, auf denen zum Beispiel Tiere, Ritter, Wappen oder Jagdmotive abgebildet werden können. Für den täglichen Gebrauch fertigen wir aber auch schlichte Platzteller, Krüge und Schüsseln an.

Welcher Gegenstand ist bei Kunden besonders beliebt?
Junge Paare, die heiraten wollen, bestellen bei uns oft einen traditionellen Brautbecher. Das ist ein Brauch, der auf eine mittelalterliche Legende zurückgeht: Ein armer Goldschmied liebte ein schönes Ritterfräulein. Als der Vater des Mädchens von der Liebe der beiden erfuhr, wurde er sehr wütend und stellte den Goldschmied vor eine scheinbar unmögliche Aufgabe. Nur wenn es dem Goldschmied gelinge, einen Becher zu fertigen aus dem zwei Personen gleichzeitig trinken könnten, würde der Ritter ihm seine Tochter zur Frau geben. Der Vater hatte nicht mit dem cleveren Goldschmied gerechnet. Der erfand einen schönen Doppelbecher und durfte das Ritterfräulein deshalb heiraten. Auch heute besteht die Aufgabe des Brautpaares darin, am Tag der Hochzeit gleichzeitig aus einem solchen Doppelbecher zu trinken ohne einen Tropfen zu verschütten. Gelingt das, hat das Paar Glück in der Ehe.

Ich beschließe also, mir einen Brautbecher bei Ihnen fertig zu lassen. Wie läuft das ab?
Zunächst einmal zeichnet man einen Entwurf des Brautbechers. Dabei kann man auch individuelle Kundenwünsche berücksichtigen. Ausgehend von diesem Entwurf wird die Gießform für den Becher hergestellt. Dann wird das Zinn erhitzt und in die Form gegossen. Dieser Arbeitsschritt erfordert viel Erfahrung, weil der gegossene Becher leicht platzen kann. Wenn das Zinn erkaltet ist, kann man den Becher aus der Form nehmen. Damit er schön glänzt, wird er anschließend poliert. Viele Brautpaare lassen auch ihre Namen und das Hochzeitsdatum in den Brautbecher gravieren.

Sie sind seit vier Jahren Pressesprecher der Zinngießer in Deutschland. Was machen Sie gegen das schlechte Image von Zinn?
Das Zinnhandwerk leidet vor allem darunter, dass heutzutage immer weniger Menschen auf Qualität achten. Die meisten wollen einfach nur billiges Geschirr kaufen. Wir versuchen deshalb für Qualität zu sensibilisieren. Auf Messen wie dieser informieren wir die Besucher über unser Handwerk und die Produkte, die wir fertigen. Viele Menschen wissen gar nicht, dass es neben den traditionellen Ziertellern auch modernes Zinngeschirr gibt, das man auch sehr gut in der Gastronomie einsetzen kann.

Aber woran liegt es, dass diese Produkte so wenig bekannt sind?
Der Einzelhandel weigert sich, zeitgemäßes Zinn-Geschirr ins Sortiment aufzunehmen. Die Händler argumentieren, das Interesse an Zinn sei nicht vorhanden. Die Leute müssten schon in die Läden gehen und konkret nach Zinn fragen, damit sich daran etwas ändert. Es ist ein Teufelskreis: Zinn ist heute wenig bekannt, aber daran ändert sich auch nichts, weil es nicht in die Geschäfte kommt.

Sie bieten auch ein Ferienprogramm für Kinder an. Was dürfen Ihre jungen Besucher machen?
Die Kinder dürfen uns über die Schulter gucken und lernen so die einzelnen Arbeitsschritte des Zinngießens kennen. Sie dürfen auch selbst mitmachen und einen kleinen Anhänger mit ihrem Sternzeichen gießen. Die Kinder sind dann immer ganz begeistert.