Archiv, IHM
JVH hob Handwerker aufs Podest
Das erfolgreiche Format des Jahres 2013 auf der IHM wurde auch 2014 weiter fortgesetzt. Gemeinsam mit der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München stellte die JVH Aussteller der Sonderschau "Land des Handwerks" vor. Sie wurden am Stand der Arbeitsgemeinschaft der Bayerischen Handwerkskammern von wechselnden Interviewpartnern befragt. Klaus-Peter Adam, Tischlermeister, Bad Segeberg, "Kein Künstler, sondern ein Gestalter", lesen |
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„Schon immer einen Hang zum Handwerk“ Christoph Neumeyer ist Vergoldermeister, seit September 2013 im Vollerwerb. Sein junges Unternehmen „Neumeyer Luxury Design“ ist ein Vergoldermeisterbetrieb in Neustadt/Donau und besteht aus vier Mitarbeitern. Zu den drei Säulen des Unternehmens zählen die klassische Vergoldung (Blattmetallisierung), die Galvanik und die Verspiegelung. Das Interview führten Thorsten Glotzmann und Tobias Dirr Herr Neumeyer, Sie sind gelernter Kirchenmaler. Nach Ihrer Ausbildung haben Sie sich aber gegen die Kirchenmalerei entschieden und sind stattdessen Vergoldermeister geworden. Was hat Sie dazu bewogen? Und wie sieht Ihr jetziger Beruf genau aus? Christoph Neumeyer: Zu den klassischen Aufgaben eines Kirchenmalers gehören Restaurierung und Denkmalpflege. Ich wollte aber nichts restaurieren, sondern neue Wege gehen, eine Nische finden und mich selbstständig machen. Im Vergleich zum Kirchenmaler oder zum klassischen Vergolder ist in meinem Beruf mehr Kreativität, Spontaneität und Flexibilität gefragt. Jeder Auftrag ist anders und eine Herausforderung. Es geht darum, Oberflächen möglich zu machen, die völlig neu sind. Sie vergolden zum Beispiel Luxusyachten oder Straußeneier. Bei der Internationalen Handwerksmesse stellen Sie eine vergoldete Harley Davidson, Hirschgeweihe und einen Tischkicker aus. Sind diese Objekte nach ihrer Vergoldung überhaupt noch zu gebrauchen? Oder blättert die Farbe ab, wenn man sie benutzt? Nein, die Farbe blättert nicht ab. Der Besitzer der Harley fährt weiterhin damit, natürlich nur bei schönem Wetter. Auch der Tischkicker ist bespielbar wie jeder andere auch. Die Spielfläche besteht eben aus Makassar, dem teuersten Ebenholz. Die Linien sind Intarsien aus kanadischem Ahorn. Das sind zwei Quadratmeter purer Luxus. Diese Objekte kann sich natürlich nur eine gehobenere, exklusive Kundschaft leisten. Bieten Sie auch etwas für den kleineren Geldbeutel an? Wir produzieren natürlich vor allem für die oberen Zehntausend, aber nicht nur. Zuletzt haben wir zum Beispiel anlässlich einer Meisterprüfung eine Friseurschere vergoldet. Da geht es um Beträge zwischen 20 und 50 Euro. Sie arbeiten mit einem Material, das sehr teuer ist. Was passiert, wenn Ihnen Fehler unterlaufen? Wir haben leider sehr hohe Materialkosten. Für einen Quadratmeter können das zum Beispiel etwa 800 Euro sein. Fehler passieren auch den erfahrensten Vergoldermeistern. Das kalkulieren wir mit ein. Denn die Arbeit ist von vielen Faktoren abhängig: Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Zugluft. Durch ein gekipptes Fenster kann sich zum Beispiel die Trockenzeit verringern. Woher kommt das Blattgold eigentlich? Und wie kommt es zu Ihnen? Wir beziehen unser Blattgold aus Schwabach bei Nürnberg. 1000 bis 2000 Blatt werden per Post verschickt. Ein Blatt ist etwa 8 cm groß, deutlich dünner als menschliches Haar. 1000 Blatt wiegen etwa 17 Gramm. Beim Vergolden handelt es sich um eine filigrane Arbeit, die traditionell eine gewisse Nähe zur Kunst hat. Sehen Sie sich selbst als Künstler? Nein, Vergolden ist für mich ein Handwerk und keine Kunst. Ich habe vorher Kunstgeschichte und Journalistik studiert und beides nach einem Semester abgebrochen, weil ich gemerkt habe, dass das nicht meins ist. Ich hatte eben schon immer einen Hang zum Handwerk.
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