"Ein handwerklicher Beruf kann unglaubliche Erfüllung bieten“
Stuckateurmeister Axel von der Herberg aus Heilbronn
Axel von der Herberg hat eine vollautomatische Stuckproduktionsanlage erfunden.
Herr von der Herberg, wie kamen Sie auf die Idee, eine Stuckproduktionsanlage zu entwickeln?
Ich bin Stuckateurmeister und Handwerker mit Leib und Seele. Deshalb war für mich schwer nachzuvollziehen, warum meine Berufskollegen, die den Gattungsbegriff „Stuck“ im Namen führen, Leisten aus billigem Polystyrol verbauen sollen – echte Stuckleisten konnten bisher nur in mühevoller Handarbeit hergestellt werden und waren deshalb zu teuer. Mein Ziel war deshalb, die bisher manuelle Herstellung von Stuck maschinell zu revolutionieren und so die Kosten zu senken. Ich wollte ein Produkt, das einerseits hochpräzise und andererseits auch erschwinglich ist.
Woraus besteht „echter“ Stuck?
Richtiger Stuck ist per Definition die plastische Ausgestaltung von Mörtel. Dann gibt es verschiedene Bindemittel: Gips für den Innenbereich, Kalk und Zement für den Außenbereich.
Was ist das Problem mit Leisten aus Polystyrol?
Nach der oben genannten Definition dürften Leisten aus Polystyrol meiner Ansicht nach gar nicht „Stuck“ heißen. Diese Kunstleisten sind von geringerer Qualität; sowohl, was das Darstellerische betrifft, als auch in Bezug auf den Produktlebenszyklus. Außerdem widersprechen Polystyrol-Leisten, hergestellt aus der endlichen Ressource Erdöl, dem ökologischen Zeitgeist. Dem Verbraucher sind sie meiner Ansicht nach nicht zu empfehlen.
Wie lange hat die Entwicklung Ihrer vollautomatischen Stuckproduktionsanlage gedauert?
Ungefähr sieben Jahre. Die Entwicklung war nicht ganz einfach, denn ich hatte zunächst nicht vor, eine komplette Maschine zu konstruieren. Ich bin kein Erfinder á la Daniel Düsentrieb. Ich wollte meinem Berufsstand echten, preiswerten Stuck an die Hand geben und wollte zunächst sehen, ob man einzelne Schritte der Herstellung maschinell unterstützen könnte. Letztlich hat aber dann ein innovativer Schritt den nächsten ergeben und wir haben beschlossen, nicht einfach mittendrin aufzuhören. Herausgekommen ist am Ende eine komplette maschinelle Anlage – obwohl das nie der Plan war.
Hatten Sie Unterstützung?
Ja. Man kann als Mann aus der Praxis so ein Projekt anschieben und sagen: „Das habe ich im Kopf, das stelle ich mir vor.“ Aber bei solchen Dimensionen wäre es vermessen, alles alleine machen zu wollen. Für die ersten Entwicklungsschritte habe ich mir einen Ingenieur dazu geholt; für die Gesamtentwicklung und Vermarktung habe ich mit zwei Hochschulen zusammengearbeitet.
Wie landet eigentlich jemand, der „von der Herberg“ heißt, im Stuckateurhandwerk?
Für mich war klar, ich will mich in einem handwerklichen Beruf selbstständig machen. Aber als ich meiner Familie erklärt habe, ich würde auf den Bau gehen und eine Lehre machen – das war, wie man in Bayern sagt, tatsächlich keine gemähte Wiese. Dazu kommt: Wenn man „von“ heißt und eine Lehre auf dem Bau macht, dann wird man in den ersten Lehrjahren von den älteren Gesellen schon ein paar Mal richtig vorgeführt. Aber da muss man durch. Wenn ich mir dann ab und zu mal auf den Daumen gehauen habe, konnte ich immerhin sagen: „Bei mir kommt genauso rot wie bei euch auch. Nix mit blauem Blut!"
Was macht einen handwerklichen Beruf attraktiv?
Ein handwerklicher Beruf kann eine unglaubliche Erfüllung bieten. Mit dem Kopf erdacht, zu Papier gebracht, mit der Hand gemacht – das ist Handwerk! Gerade für einen kreativen Beruf wie der des Stuckateurs gilt: Es bringt innere Befriedigung, heimzugehen und zu wissen, diese plastische Ausgestaltung von Mörtel, das habe ich gemacht – mit Geist, Hirn und meiner eigenen Hände Arbeit.
Das Interview führten Margarethe Gallersdörfer und Philipp Kosak
Foto: Michael Schuhmann |